Bevor ich zu meiner eigentlichen Rezension komme muss ich etwas vorwegnehmen: ich bin nicht ganz unparteiisch. Seit Jahren reite und longiere ich bei Katharina im Unterricht, bin also sicherlich etwas „vorbelastet“. Gleichzeitig habe ich so aber auch einen sehr guten Vergleich, wie gut diese Methode mit unterschiedlichsten Pferden in der Praxis funktioniert und dank dem Erwerb des Deutschen Longierabzeichens Klasse IV und III auch den Vergleich, wie das Ganze z.B. in der etwas konventionelleren Variante aussieht.
Doch nun zum Buch: Im ersten Kapitel geht es zunächst zu den Prinzipien der Hilfengebung. Das schöne ist hier, dass das Konzept auf biomechanischen und lernpsychologischen Grundlagen aufbaut, dh. es ist sowohl bei erfahrenen Reit-/Longierpferden als auch bei Jung- oder Korrekturpferden einsetzbar und funktioniert, wenn der Longenführer die Technik sicher beherrscht und ein ordentliches Maß an Gefühl und Erfahrung mitbringt, ziemlich schnell und problemlos. Natürlich hängt das immer vom Individuum, der Vorgeschichte usw. ab, aber die Art und Logik der Hilfengebung unterstützt das Verständnis beim Pferd maximal und das Risiko für Fehler und Verletzungen (z.B. durch unsachgemäße Anwendung „schwieriger“ Ausbildungsgegenstände) nimmt stark ab. Für den Reiter mag das Ganze zunächst nicht immer leicht sein, je nach dem was man eben zuvor gelernt hat. Der Vorteil ist aber, dass man eben auch sehr viele Dinge lernt und schult, die man direkt mit in den Sattel nehmen kann, das heißt die Arbeit lohnt sich wirklich. Auch für Mensch und Pferd als Paar bringt es einen großen Vorteil, da man ständig übt, noch genauer und feiner zu kommunizieren und das Pferd eine ziemlich große Möglichkeit hat sich auszudrücken, ohne dass dabei der Mensch in „Wohnungsnot“ kommt.
Nachdem die Hilfengebung sitzt geht es um eben diese logische Verbindung zwischen klassischem Reiten und klassischem Longieren. Die Erklärungen im Buch in Kombination mit der Möglichkeit, das Ganze praktisch auszuprobieren, ermöglicht vielen Reitern/ Longierern „Aha-Erlebnisse“, die sonst deutlich weiter ausgebildeteren Reiter-Pferd-Paaren vorbehalten bleiben. Das fällt aus meiner Sicht besonders deswegen ins Gewicht, weil sich in den letzten Jahren zunehmend auch Menschen mit weniger Erfahrung ein Pferd kaufen, z.B. weil sie mit der Haltungsform die sie bei einer Reitbeteiligung in Kauf nehmen müssten, nicht zufrieden sind. Auch diese Form des Longierens macht sicher aus einem Anfänger keinen Vollprofi mit jahrelanger Erfahrung oder aus einem traumatisierten Jungpferd keinen routinierten Pferdeprofessor, aber es gibt sehr vielen Reiter-Pferd Paaren die Möglichkeit ruhig und pferdefreundlich gemeinsam zu Üben und eine Grundlage zu schaffen.
Die vorgeschlagenen praktischen Übungen scheinen manch einem vielleicht zunächst simpel, sind aber wohl durchdacht und trainieren alle zentralen Bewegungserfahrungen, Hilfen usw. und bilden damit eine wundervolle Basis für harmonische Kommunikation.
Die Anmerkungen zum Thema Reha im letzten Kapitel sind sicherlich für mehr Menschen und Pferde relevant, als man auf Anhieb vielleicht erwarten würde. Auch Sattelprobleme, fehlende Muskulatur usw. fordern eigentlich eine Art „Reha“, nur eben aktiv und nicht passiv und bewegungsarm.