„Ich suche mir aus jeder Methode das richtige zusammen.“ „Es kann ja nicht jeder alles können.“ „Ich gehe heute zu Workshop X, morgen reite ich bei Reitlehrer Y und am nächsten Wochenende mache ich beim Lehrgang Z mit. Mein Pferd und ich brauchen einfach Abwechslung.“ So oder so ähnlich höre ich das immer wieder. Zum Glück meist nicht bei meinen eigenen Reitschülern, sondern auf der Stallgasse. Trotzdem zeigt es meiner Meinung nach, dass viele Reiter nicht zwischen der Methodik bzw. Reitweise, dem Trainer und der Trainingsausgestaltung unterscheiden. Aber genau das ist das Problem.
Das Ziel
Am Anfang jeden Trainings mit dem Pferd sollte ein Ziel stehen, das man erreichen möchte. In der klassischen Reitlehre ist das in der Regel zunächst ein solide grundausgebildetes Reiter-Pferd-Paar. Das beinhaltet mindestens (!) Schritt-Trab-Galopp, ordentliche (dh. ausbalancierte und zügelunabhängig gerittene) Übergänge, Tempovariationen und dass man auch im Gelände oder wenn dann doch mal die ein oder andere Stange oder ein Sprung im Weg stehen stressfrei überlebt. Hinsichtlich dieses Ausbildungsziels sollte man sich im Rahmen der Grundausbildung einmal entscheiden und dann dabei bleiben.
Die Methode
Die Frage ist nun, mit welcher Methodik, welchem Trainer und welcher Trainingsausgestaltung man das Ganze umsetzt. Eine Methodik wäre z.B. eine Umsetzung der klassischen Reitlehre (also wirklich klassisch deutsch, klassisch französisch) oder andere Ansätze wie z.B. die akademische Reitweise. Die gerade genannten Beispiele sind im Großen und Ganzen ähnlich, z.B. weil sie in der Regel eine möglichst harmonische Kommunikation mit dem Pferd anstreben und in keiner Kühe gescheucht werden. Aber nur im Großen und Ganzen. Ein Beispiel wäre das Verständnis der Anlehnung, die Rolle von Verstärkungen, die Hilfengebung oder das Verhältnis von Form und Funktion. Auch hier sollte man sich entscheiden, damit alle Schritte der Ausbildung möglichst gut aufeinander aufbauen und für das Pferd logisch sind. Denn wenn die Zügel heute nur eine Anlehnung anbieten sollen und am anderen Tag eine gewünschte Form von Beizäumung herstellen, wird es (ohne eine der Varianten zu bewerten) für das Pferd schwierig zu verstehen, was von ihm erwartet wird.
Der Trainer und die Trainingsgestaltung
Wenn Reiter und Pferd eine gewisse Reife erreicht haben (und nein, oben bleiben zählt nicht, sondern das „wie“) kann man hinsichtlich Trainer und Trainingsgestaltung nun etwas (!) variieren, vorausgesetzt man bleibt im Wesentlichen innerhalb derselben Methode. Doch genau das ist oft das Problem. Diese „Reife“, das Verständnis für die jeweilige Methode kommt eben erst mit der Zeit. Im Idealfall ist eine Methode so gut durchdacht, dass sie von der Jungpferdeausbildung bis zur Hohen Schule (oder was auch immer die größtmöglichste Ausbildungsform der gewünschten Reitweise ist) stringent und logisch vorgeht. Es sollte wie beim Sprachenlernen sein: die Sprache bleibt gleich und je mehr man kann, desto abwechslungsreicher kann man den Lernprozess gestalten. Man wird irgendwann die Grammatik so verstanden haben, dass man unterschiedlichen Erläuterungen, Ansätzen und Kommunikationsformen folgen kann, AUF BASIS DES VERSTÄNDNISSES FÜR DAS SYSTEM. Hat man dieses, kann ein maßvoll betriebenes Lernen bei verschiedenen Trainern sogar helfen, denn auch wenn das System an sich „fehlerfrei“ sein sollte, bleiben Lehrer eben Menschen. Jeder beherrscht unterschiedliche Dinge besser, kann das Eine oder das Andere besser erklären. Um bei unserem Beispiel zu bleiben wäre es aber völlig zwecklos nach kürzester Zeit die Sprache zu wechseln und z.B. statt französischer chinesische Vokabeln zu pauken. Das Ergebnis ist dann keine Basis für Austausch und Kommunikation, sondern lediglich ein buntes Sammelsurium an Phrasen ohne Kontext, welche wie Kunststücke aufgesagt werden können.